Berliner Zeitung (1), 21.02.2011

STADTBILD

SOS – Hausboote in Not

Ulrich Paul kann nicht glauben, dass gekündigte Pächter keinen Ersatzplatz finden.

Ulrich Paul

Berlin ist bekannt für seine vielfältigen Wohnformen: Hier leben die Menschen nicht nur in den üblichen Stadtwohnungen oder in Eigenheimen, hier wohnen sie auch in umgebauten Krankenhäusern, in ehemaligen Wassertürmen, auf stillgelegten Bunkern – und auf Hausbooten. Ein knappes Dutzend Hausbootbesitzer aus Treptow erlebt nun allerdings, dass ihr Dasein auf dem Wasser keinesfalls mehr Freiheiten bietet als eine normale Mietwohnung. Ihnen wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt.

Ihr Vermieter, die Stern- und Kreisschifffahrt, braucht die Anlegeplätze selbst. Die Hausboote müssen deswegen verschwinden. Während für normale Wohnungsmieter eine Eigenbedarfskündigung schon schlimm genug ist, erweist sie sich für die Hausbootbesitzer als geradezu dramatisch. Denn sie finden keinen Ersatz-Standort. Ohne Liegeplatz aber können sie nicht bleiben. Denn die Kinder müssen in die Kita, und für die Post ist eine feste Adresse notwendig.

Immer wieder erfuhren die Hausbootbesitzer in den vergangenen Wochen, sie seien nicht erwünscht. Mag sein, dass die Richtlinien der Behörden kompliziert und nicht gerade auf Hausboote ausgelegt sind. Aber wenn dies so ist, dann sollten die Behörden mal überlegen, was sie tun können, um die Lücken in ihren Bestimmungen zu schließen. Und unbürokratisch handeln.

Die Hausbootbesitzer sind friedliche Menschen, sie drohen nicht mit Randale im Falle einer Zwangsräumung. Ja, sie wollen es nicht mal zur Zwangsräumung kommen lassen. Wenn ihnen nur geholfen wird. Die Hausbootbesitzer brauchen jetzt jemanden, der ihnen sagt, was geht. Sie brauchen niemanden, der ihnen erklärt, was nicht möglich ist. Es wäre ein Armutszeugnis, wenn sich niemand findet, der ihnen einen neuen Platz verschafft. Wasserflächen gibt es genug.

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